|
Weihnachten vergangen Jahres
(17 Uhr präzise) war es:
daß der liebe Gott nicht, wie gewöhnlich,
den Vertreter Ruprecht runterschickte,
sondern er besuchte uns persönlich.
Und erschrak, als er die Welt erblickte. |
Derart reichten Gottes Geld und Kasse
abwärts bis zur zwölften Steuerklasse.
Doch dann folgte eine große Leere.
Und die Deutsche Bank gab zu bedenken,
daß sein Konto überzogen wäre.
Und so konnte er nichts weiter schenken. |
Er beschloss dann doch, sich aufzuraffen.
Schließlich hatte er uns ja geschaffen!
Und er schritt (bewacht von Detektiven
des bewährten Argus-Institutes,
die, wo er auch hinging, mit ihm liefen)
durch die Städte und tat nichts als Gutes. |
Gott ist gut. Und weiß es. Und wahrscheinlich
war ihm die Geschichte äußerst peinlich.
Deshalb sprach er, etwa zehn Minuten,
zu drei sozialistisch eingestellten
Journalisten, die ihn interviewten,
von der Welt als bester aller Welten. |
Gott war nobel, sah nicht auf die Preise,
und er schenkte, dies nur beispielsweise,
den Ministersöhnen Dampfmaschinen
und den Kindern derer, die im Jahre
mehr als 60.000 Mark verdienen,
Autos, Boote – lauter prima Ware. |
Und die Armen müßten nichts entbehren,
wenn es nur nicht so viele wären!
Die Reporter nickten auf und nieder.
Und Gott brachte sie bis ans Portal.
Und sie fragten: "Kommen Sie bald wieder?"
Doch er sprach: "Es war das letzte Mal." |
|
von Erich Kästner |
|
|